Texte, die in Zeitungen und Zeitschriften erschienen sind

Jörg Restorff | Foto: Ute Gabriel

Texte

Diese Auswahl versammelt eine Reihe meiner Artikel, erschienen unter anderem im Magazin »kultur.west«, der »Neuen Zürcher Zeitung«, »Kunstforum International«, »Monopol« dem »boesner Kunstportal« und der »Rheinischen Post«. Kunst, Architektur und Design, Kultur und Geschichte bilden den Schwerpunkt.

Schönheit, Scham und Superkräfte (kultur.west, 8. November 2024)

Von der Menstruation bis zur Menopause erstreckt sich das Themenfeld, das die fünf Zeichnerinnen der Comic-Ausstellung »Aus der Rolle gefallen« beackern. In der Ludwiggalerie Schloss Oberhausen hinterfragen Franziska Becker, Julia Bernhard, Lisa Frühbeis, Mia Oberländer und Paulina Stulin geschlechtsspezifische Erzählmuster aus weiblicher Perspektive. Bei der Wachablösung im Superhelden-Kosmos agiert Franziska Beckers Batgirl in vorderster Reihe. Gemeinsam mit ihrer Busenfreundin Robina zieht sie zu Felde gegen die Mächte der Finsternis. Die ortet Becker auf einem Terrain, das von Superman, Spider-Man oder Captain America vernachlässigt wurde: »Miese Chauvis haben sich in den Lesbenclub geschlichen, um Randale zu machen. Sie haben die Rechnung ohne Batgirl und Robina gemacht.«

Derweil widmet sich Paulina Stulin dem Freibad – seine Unschuld als Ort unbeschwerten Badevergnügens hat es längst eingebüßt. In der bildfüllend farbigen Graphic Novel erscheint das Frauenfreibad als garstige Arena, wo fiese Gäste über mopsige Bikini-Trägerinnen oder muslimische Schwimmgäste im Burkini ablästern.

Jahrmarkt der Eitelkeiten: Das FOMU in Antwerpen präsentiert Cindy Sherman (kultur.west, 4. November 2024)

Cindy Shermans erste große Soloshow in Belgien, präsentiert im Antwerpener Fotografie-Museum FOMU, ist die ideale Ergänzung zum Ausstellungsprogramm rund um den 75. Todestag von James Ensor. Den flämischen Maler und die US-Fotokünstlerin verbindet manches – etwa die Vorliebe für Masken und Morbides. – Cindy Sherman liebt Verwandlungen. Seit Mitte der 70er Jahre ist die amerikanische Künstlerin vor ihrer Kamera in derart viele Rollen geschlüpft, dass sie die Wandlungsfähigkeit jedes Schauspielers in den Schatten stellt. Zum Repertoire der Selbstdarstellerin, die sich in ihren Bildern bis zur Unkenntlichkeit verfremdet, gehören auch abgründige Darstellungen von Clowns. Das Tragische der Clownsrolle hat auch James Ensor in mehreren Bildern ausgelotet – beispielsweise in den Gemälden »Pierrot und Skelette« (1905) und »Die verwirrten Masken« (1930).

Ausstellung »Maskerade, Make-up & Ensor«, MoMu – Mode-Museum, Antwerpen (Kunstforum International, 2. November 2024)

Wer die aktuelle Sonderausstellung des Antwerpener Mode-Museums betritt, fühlt sich wegen der Puppen, Perücken und magisch erleuchteten Kabinette in ein Ambiente versetzt, das teils einer Varieté-Inszenierung ähnelt, teils einer Märchenwelt. Der 75. Todestag des Malers James Ensor (1860–1949), den Belgien mit einer Serie von Präsentationen nach allen Regeln der Ausstellungskunst feiert, bietet den Anlass, den Symbolisten als Vaterfigur heutiger Make-up-Artists zu reklamieren. Ensors Vorliebe für Maskeraden und Morbides, sein Hang zu Groteskem, Schabernack und Karneval, sein freies Flottieren zwischen Allegorien, religiösen Motiven, Porträts, Landschaften, Seestücken und Stillleben – all das macht ihn zur postmodernen Künstlerpersönlichkeit avant la lettre. Kein Wunder, dass James Ensor heutigen Kreativen als Wahlverwandter und erstrangige Inspirationsquelle erscheint.

Ausstellung »Too much future. Schenkung Florian Peters-Messer«, Kunstpalast Düsseldorf (Kunstforum International, 2. November 2024)

Vor vier Jahren kuratierten Linda Peitz und der Sammler Florian Peters-Messer im Kunstpalast Düsseldorf die Präsentation »Empört Euch! Kunst in Zeiten des Zorns«. Eine Gruppenausstellung, die gesellschaftspolitisch brisante Themen aufs Tapet brachte. Inzwischen stehen die Zeichen des Zeitgeistes noch entschiedener auf Sturm. Wie gerufen kommt deshalb die aktuelle Kunstpalast-Ausstellung, die sich diesmal auf die Sammlung Peters-Messer selbst konzentriert. Die Schau geht mit einer großzügigen Schenkung des Viersener Immobilienunternehmers an das Museum einher. Dem Haus ist er seit langem verbunden – bei den Freunden des Düsseldorfer Kunstpalasts agiert Peters-Messer als Schatzmeister. Seinen 60. Geburtstag nahm er nun zum Anlass, andere zu beschenken.

Ausstellung im Dortmunder U: Feministischer Weckruf (Rheinische Post, 29. Oktober 2024)

Das Museum Ostwall im Dortmunder U präsentiert 30 Künstlerinnen, die dem Expressionismus und der Fluxus-Bewegung angehören. Kunsthistorische Perioden, die per se wenig miteinander zu tun haben. Der Grund für den Epochenmix: Sowohl der Expressionismus, meist auf den Zeitraum 1905–1925 eingegrenzt, als auch die Avantgarde-Bewegung Fluxus, die in den 1960er-Jahren entstand, bilden Schwerpunkte im Bestand des städtischen Museums. Frauen allerdings spielen bislang in der seit 1949 aufgebauten Sammlung eine Nebenrolle. Hier setzt die Ausstellung im Museum Ostwall an – sie versteht sich als Korrektiv und rückt die Künstlerinnen ins Rampenlicht.

Virtuosen der Verwandlung (kultur.west, 22. Oktober 2024)

Den 75. Todestag von James Ensor nehmen vier Museen in Antwerpen zum Anlass, sein Werk aus verschiedenen Blickwinkeln zu präsentieren. Eine Ausstellung im Mode-Museum MoMu sieht im belgischen Maler (1860-1949) gar eine Vaterfigur heutiger Make-up-Artists. »Maskerade, Make-up & Ensor«, so haben die Kuratorinnen Kaat Debo, Elisa De Wyngaert und Romy Cockx ihre Präsentation betitelt. Eine gewagte Allianz – doch im Fall von James Ensor ergibt der Schulterschluss tatsächlich Sinn. Nicht nur, weil das MoMu eine Reihe von Bildern des Meisters aufbieten kann, in denen Make-up die Gesamtwirkung erheblich aufpoliert. Wichtiger noch als das einzelne Kunstwerk, das Masken oder geschminkte Gesichter als Motive verwendet, ist der Grundtenor im Schaffen von Ensor: Seine Vorliebe für Maskeraden und Morbides, sein Hang zu Groteskem, Schabernack und Karneval zeugen von einer Künstlerpersönlichkeit, die mit der Dialektik des Verbergens und Offenbarens spielt.

Ensor-Jubiläum: Der Maler des Mummenschanz (Rheinische Post, 9. Oktober 2024)

Neben der Hingabe, mit der Belgien in diesem Jahr James Ensor (1860–1949) feiert, verblasst selbst das hiesige, nicht eben karge Jubiläumsprogramm rund um den Romantiker Caspar David Friedrich. Mehr als zehn Ausstellungen beleuchten sämtliche Facetten im Schaffen Ensors, der in Belgien eine Berühmtheit ist. Das Finale des Jubeljahres geht in Antwerpen über die Bühne. Das dortige Königliche Museum der Schönen Künste beherbergt die weltweit größte Sammlung seiner Werke. Ein Pfund, mit dem das KMSKA jetzt in Gestalt der Sonderausstellung »Ensors kühnste Träume. Jenseits des Impressionismus« wuchert. Weitere Antwerpener Schauplätze beim Ensor-Jubiläum sind das ModeMuseum (MoMu), das FOMU – Fotomuseum und das Museum Plantin-Moretus.